Lebensdauer und Sicherheit von Lithium-Ionen-Batterien für die dezentrale Speicherung regenerativer Energien: modellbasierte Untersuchung einer Lithiumeisenphosphatzelle

Produktinformationen "Lebensdauer und Sicherheit von Lithium-Ionen-Batterien für die dezentrale Speicherung regenerativer Energien: modellbasierte Untersuchung einer Lithiumeisenphosphatzelle"
Die Lithium-Ionen-Batterietechnologie ist seit ihrem kommerziellen Durchbruch zu Beginn der neunziger Jahre zum Standard für die portable Energieversorgung geworden. Zunehmend macht sie auch im mobilen und stationären Bereich klassischen Technologien, wie dem Verbrennungsmotor, Konkurrenz. Da in diesen Anwendungsfeldern aber meist größere Energiemengen erforderlich und wesentlich längere Produktlebenszyklen üblich sind, sind einerseits die Sicherheit und andererseits die Alterung der Batterien von herausragendem Interesse. Diese Arbeit konzentriert sich auf die Untersuchung und Modellierung einer Lithium-Eisenphosphat-Zelle. Dabei wird eine Lithiumeisenphosphat-Kathode mit einer Graphit-Anode kombiniert. Dieser Zelltyp eignet sich besonders für stationäre Anwendungen. Trotz eines bisher vergleichsweise geringen Marktanteils lassen sich, wie im Laufe dieser Arbeit ersichtlich wird, die Ergebnisse gut auf den Großteil der kommerziell verwendeten Lithium-Ionen-Zellen abstrahieren. Ziel der Arbeit ist es, mit Hilfe mathematischer Modellierung dieser Lithium-Ionen-Batterie das Verständnis über die komplexen Alterungsmechanismen zu vertiefen, um mit diesen Erkenntnissen Verbesserungsvorschläge zum Aufbau und der Betriebsweise der Batterien zu erarbeiten. Eine Batterie ist ein hochkomplexes physikalisches System, in dem sich die räumlichen Gradienten der physikalischen Größen um viele Größenordnungen unterscheiden können. Auch bei der zeitlichen Betrachtung laufen wichtige Prozesse wie beispielsweise die Ladung, die Alterung oder das thermische Durchgehen auf sehr unterschiedlichen Zeitskalen ab. Dabei finden in der Zelle gleichzeitig, teilweise in gegenseitiger Abhängigkeit, zahlreiche chemische Reaktionen statt. Zur numerischen Simulation bedarf es also eines Modells, das flexibel mit diesen unterschiedlichen Anforderungen umgeht. Die in dieser Arbeit verwendete hauseigene Software DENIS bildet dieses flexible Gerüst, welches sich des numerischen Lösers LIMEX, der elektrochemischen Simulationsumgebung Cantera und der Mathematiksoftware MATLAB bedient. Das Kontinuum-Modell verwendet drei unterschiedliche Skalen entlang der gleichen räumlichen Dimension (sog. 1D+1D+1D oder pseudo-3D-Modell). Durch diese drei miteinander gekoppelten Skalen werden die Temperaturverteilung, die elektrochemischen Vorgänge und die Diffusion von Lithium in die Aktivmaterialien berechnet. Ähnliche, häufig nach John Newman benannte, Modelle lassen sich in großer Vielfalt in der Literatur finden. Eine wichtige Verbesserung des Modells stellt daher vor allem die Erweiterung um die Nebenreaktionen dar. Dabei ist die Bildung der Solid Electrolyte Interface (SEI) von herausragendem Interesse, jedoch auch deren Zersetzung bei zu hohen Temperaturen, die zum thermischen Durchgehen der Batterie führen kann. Durch die Modellierung der SEI-Nebenreaktion gelingt es, die kalendarische Alterung der Zellen in dem für viele kommerzielle Anwendungen relevanten Bereich von 100 % bis 80 % State of health (SOH) zu simulieren. Eine weitere wichtige Modellerweiterung stellt die Berücksichtigung mechanischer Effekte dar; dies führt zu einer Beschreibung der zyklischen Alterung der Zelle. Dabei wird ein realer mechanischer Effekt mit dem bestehenden elektrochemischen Modell verbunden. Grundlegende Hypothese ist hierbei, dass die SEI-Schicht beim Laden der Zelle aufbricht und es damit zu einer erhöhten Reduktion des Elektrolyten kommt. Somit ist das Modell in der Lage, sowohl kalendarische als auch zyklische Effekte zu simulieren, die auf chemischen und mechanischen Ursachen basieren. Die Berücksichtigung des Effektes der Austrocknung der Elektrode durch die Reduktion des Elektrolyten ermöglicht eine Vorhersage des irreversiblen Kapazitätsverlustes bis weit über die 80 % SOH-Grenze hinaus. Durch Hinzufügen einer zweiten SEI-Reaktion kann darüber hinaus das thermische und elektrische Verhalten der Zelle bei erhöhten Temperaturen außerhalb des Betriebsbereichs sowie bei externem Kurzschluss qualitativ und quantitativ gut abgebildet werden. Abweichungen der Modellvorhersage zu experimentellen Werten lassen sich zum Teil mit der Vernachlässigung von weniger relevanten physikalischen und chemischen Vorgängen erklären. Ein weiterer Grund für Abweichungen ist in der Zusammensetzung der experimentellen Daten zu suchen, bei denen die Batterien stets von der gleichen Zellchemie sind, sich jedoch in der exakten Bauform teilweise unterscheiden. Um das an Parametern deutlich überbestimmte Modell zu validieren, werden die Ergebnisse umfangreicher Experimente mit stationären Lithium-Eisenphosphat-Zellen (LFP) verwendet. Neben Lade- und Entladezyklen sind die Elektrochemische-Impedanz-Spektroskopie (EIS) und Alterungsexperimente an baugleichen Zellen durchgeführt worden. Nur mit dieser experimentellen Unterstützung entsteht somit ein konsistentes thermo-elektrochemisches Modell der Zelle. Aufgrund der erweiterten experimentellen Datengrundlage kann somit die Komplexität des Modells erhöht werden. Diese verschiedenen Modellvorhersagen können mit einem einzigen Satz an Parametern gemacht werden. Durch die Kombination und Integration dieser unterschiedlichen Alterungseffekte in ein konsistentes physikalisches System entsteht damit ein Modell, dessen Aussagekraft sich nicht auf einen spezifischen Betriebsbereich der Zelle reduziert. Die Interaktionen der vielen physikalisch-chemischen Effekte sind für verschiedene Betriebszustände analytisch nur schwer abschätzbar. Mit der modellbasierten Abbildung dieser komplexen Interaktionen wird somit ein wissenschaftlicher Mehrwert geschaffen. Since their commercial breakthrough in the early nineties, the lithium-ion battery technology became the gold-standard for portable energy supply. More and more they are challenging classical energy conversion like the combustion engine for mobile and stationary applications. In these fields of application mostly higher amounts of energy and longer product life cycles are demanded. Therefore, safety on the one hand and ageing on the other hand are of central interest. This work focuses on the investigation and the modelling of a lithium iron phosphate battery. It consists of a lithium iron phosphate cathode and a graphite anode. This type of cell is especially suitable for stationary applications. Despite its relatively small market share as compared to other lithium-ion chemistries, the results of this study can be abstracted well to the major part of the commercially available lithium-ion cells. Goal of this work is to deepen the knowledge about the complex ageing mechanisms with the help of mathematical modelling of this lithium-ion battery, in order to be able to suggest improvements for design and operation of these batteries. A battery is a highly complex physical system, where spatial gradients of the physical quantities could differ by many orders of magnitude. Also, on the time scale, many important processes like charging, ageing or thermal runaway take place at very different speeds. Thereby many chemical reactions take place simultaneously and partly in mutual dependency within the cell. A numerical simulation requires hence a model that could handle these flexible demands. The in-house code DENIS forms this framework, using the numerical solver LIMEX, the electrochemical software Cantera and the mathematical software MATLAB. The continuum model uses three different scales along the same spatial dimension (1D+1D+1D or pseudo 3D model). These three coupled scales simulate the temperature distribution, the electrochemical processes and the diffusion of lithium in the active particle material. Similar models, often called Newman-type models, can be found extensively in literature. An important improvement represents the extension of the model towards side reactions. Hereby the buildup of the Solid Electrolyte Interface (SEI) is of great importance. Furthermore, SEI decomposition at high temperatures could lead to thermal runaway of the cell. By modelling the SEI side reactions, the calendaric ageing of the cells in the commercially relevant range of 100 % to 80 % State of health (SOH) can be simulated. Another important extension of the model is the consideration of mechanical effects. This leads to a description for the cyclic ageing of the cell. Hereby a real mechanical effect is connected with the existing electrochemical model. Underlying assumption is that the SEI layer breaks during charge of the cell and subsequently causing additional reduction of the electrolyte. Thus, the model is able to simulate calendaric as well as cyclic effects which are based on chemical and mechanical causes. Furthermore considering the effect of the electrode dry-out caused by the reduction of the electrolyte, a prediction of the irreversible capacity loss far beyond the 80 % SOH threshold is possible. By adding a second SEI reaction, the thermal and electrical behaviour of the cell at high temperatures outside the allowed mode of operation of the cell and at external short circuit can be reproduced qualitatively and quantitatively well. Some discrepancies of the model prediction to the experimental values can be explained partly with the neglect of less relevant physical and chemical processes. Another reason for the discrepancies is the composition of the experimental data. Hereby the cells are always of the same cell chemistry, but they differ in their exact cell design. In order to validate the overdetermined model, extensive experiments with stationary lithium iron phosphate (LFP) are used. Besides charge and discharge cycles, electrochemical impedance spectroscopy (EIS) and ageing experiments are conducted. Only with this experimental support, a consistent thermo-electrochemical model of the cell could be established. Due to the extended experimental data, the complexity as well as the fidelity of the model could be increased. These different model predictions can be made with the same set of parameters. By the combination and integration of these different ageing effects into a consistent multi-physical system, the model gains a prediction ability that is not restricted to a specific mode of operation of the battery. The interaction between the many physico-chemical effects are very difficult to estimate analytically. Modelling these complex interactions represents a new contribution to the scientific knowledge.